Netzmonteur Roman Krikau hat eine ungewöhnliche Aufgabe zu erledigen: Auf einem 110-kV-Gittermast muss ein Wanderfalken-Horst inspiziert werden.
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Tier-Kinderzimmer unter der Hochspannung

Seltene Wanderfalken brüten auf Hochspannungsmasten

Heute hat der Netzmonteur Roman Krikau der TEN Thüringer Energienetze (TEN) eine ungewöhnliche Aufgabe zu erledigen: Er stieg bei Mühlberg nahe der Autobahn A4 auf einen 110-kV-Gittermast, um einen Wanderfalken-Horst zu inspizieren und zwei Jungvögel zum Anbringen von Ringen kurzzeitig mitzunehmen.

Am Mastfuß wartete Mario Hofmann bereits ungeduldig auf die beiden Jungvögel.  Er ist bereits seit Jahrzehnten engagierter Vogelschützer und ausgewiesener Experte für Wanderfalken. Er hatte den Wanderfalkenhorst im Mai eher zufällig bei Beobachtungen mit dem Fernglas entdeckt. Wenig später sah er dann, dass sich zwei Jungtiere im Nest befanden- die Altvögel hatten also in rund 20 Metern Höhe erfolgreich Nachwuchs ausgebrütet. „Das ist eine Seltenheit, wenn man bedenkt, dass es im Landkreis Gotha lediglich elf bekannte Brutplätze von Wanderfalken gibt. Thüringenweit haben wir etwa 40 erfolgreiche Bruten pro Jahr. Das klingt wenig, aber zu DDR-Zeiten waren diese Raubvögel zeitweise ausgestorben“, sagt Vogelschützer Hofmann. Und noch seltener ist es, dass Wanderfalken einen Hochspannungsmast als Brutstätte nutzen, meist haben sie ihre Nistplätze an Felswänden oder Gebäuden. Um einen möglichst vollständigen Überblick über die heimischen Wanderfalken- Bestände zu erlangen, werden die Vögel systematisch beringt. Und das Beringen lässt sich nur vornehmen, solange die Jungvögel noch nicht fliegen können. Flügge werden die Tiere meist nach vier oder fünf Wochen. Deswegen hat sich Mario Hofmann sehr schnell bei der TEN gemeldet, mit der Bitte, bei der Beringung der jungen Vögel behilflich zu sein. Denn dafür müssen die Vögel aus dem Nest oben im Mast geholt und nach der Beringung wieder hochgebracht werden.

TEN-Monteur Roman Krikau stieg mit einem Rucksack auf den Mast und brachte die Jungvögel darin vorsichtig mit nach unten.
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Sowas ist bei der TEN zwar noch nie gemacht worden, aber grundsätzlich stand der Unterstützung der Vogelschützer nichts im Wege. Und so stieg TEN-Monteur Roman Krikau mit einem Rucksack auf den Mast und brachte die Jungvögel darin vorsichtig mit nach unten. Dort inspizierte Mario Hofmann die zwei Vögel kurz auf ihren Allgemeinzustand hin, die Tiere wurden gewogen und bekamen dann an jeden Fuß einen Ring. Einen mit einer Kennnummer und einen schwarzen Ring, der durch seine Farbe den Ort des Nestes anzeigt, einen Strommast. „Es handelt sich um zwei Weibchen, etwa 24 Tage alt, offenbar rundum gesund und in einem sehr guten Futterzustand“, freut sich der Vogelschützer sichtlich. Zudem ist es bei Mühlberg mit Unterstützung der TEN erstmals gelungen, Jungvögel aus einem Nest auf einem Strommast zu beringen. Grundsätzlich sind Vogelnester auf Hochspannungsmasten eher selten. Für den Netzmonteur Roman Krikau war der Aufstieg zum Wanderfalkenhorst zwar eine ungewöhnliche Aufgabe, aber letztendlich doch nur ein Routineaufstieg mit den üblichen Sicherheitsvorkehrungen. „Die Jungvögel haben ordentlich geschimpft und gekreischt, als ich sie in den Rucksack gesteckt habe. Die waren wirklich sehr lebhaft. Aber mit Handschuhen ließen sich die Tiere gut greifen“, erklärt Krikau seinen Besuch in der Wanderfalken-Kinderstube. Die Elterntiere waren während der Prozedur übrigens immer in der Nähe. Sie kreisten die ganze Zeit in großer Höhe um den Mast und beobachteten das Treiben ganz genau. Für die zwei jungen Wanderfalken sieht Vogelschützer Hofmann sehr gute Entwicklungs- und Überlebenschancen, da sie einen guten Gesundheitszustand aufweisen und der Nistplatz hinsichtlich Futter gut gelegen ist. Leider kommen nur 20 bis 30 Prozent der Jungvögel durch.